Metamorphosen des Leviathan in einer post-sozialistischen Gesellschaft
Metamorphosen des Leviathan in einer post-sozialistischen Gesellschaft: Georgiens Provinz zwischen Fassaden der Anarchie und regulativer Allmacht
Georgien gilt als klassischer Fall eines schwachen Staates. Diese verbreitete Auffassung stellt die Autorin radikal in Frage. In drei Schritten, in denen sie die Mikrophysik, die Genealogie und die Diskurse der Macht in den Blick nimmt, entwirft sie das Bild einer Ordnung, die permanent zwischen Fassaden der Anarchie und regulativer Allmacht oszilliert. Damit bietet sie intime Einblicke in die Funktionslogik eines Systems, das Korruption virtuos als Instrument der Kontrolle nutzt. Diese Analyse weist weit über den konkreten Fall Georgiens hinaus: Sie liefert provokante Einsichten in die Reproduktion von Macht unter den Bedingungen von Globalisierung.
“ Die vorliegende Studie versteht sich in mehrfacher Hinsicht als eine paradigmatische Fallstudie. In allererster Linie will sie einen Einblick in die nationale und lokale Herrschaftspraxis eines Regimes bieten, das internationale Beobachter immer wieder geblendet, verwirrt und enttäuscht hat. Schon für die russischen Intellektuellen des 19. Jahrhunderts lagen Paradies und Hölle in Georgien dicht beieinander (Eich 1999). Und selbst heute reizt das zu romantischer Verklärung einladende Land mitunter gar nüchterne Finanzexperten zu sich selbst widersprechenden Aussagen.1 In der Tat scheint Georgien schwer zu fassen. Die Irritationen kommen nicht von ungefähr. Einerseits öffnet die Kaukasusrepublik Tür und Tor für die Zusammenarbeit mit westlichen Rechtsexperten, die ein Gesetzbuch nach dem anderen umschreiben. Andererseits rangiert sie auf dem Korruptionsindex von Transparency International noch weit hinter manchen afrikanischen Staaten. Hartnäckige Bemühungen um die Implementierung von Rechtsstaatlichkeit und Transparenz scheinen hier immer wieder zu versanden. Georgien scheint irgendwo steckengeblieben zu sein auf dem Weg zwischen Demokratie und Autokratie“…
Barbara Christophe
Barbara Christophe (Dr. habil.) lehrt Kulturwissenschaften an der Universität in Frankfurt (Oder). Ihre Forschungsschwerpunkte sind Transformationsprozesse in post-sozialistischen Gesellschaften, Nationalismus, Konfliktanalyse und Entwicklungssoziologie.
transcript-Publikationen in den Bereichen: Ethnologie und Kulturanthropologie, Europäische Ethnologie, Internationale und Europäische Politik und Globalisierung, Politikwissenschaft
Publikationen in den Reihen: Global Studies
Erscheinungsjahr: 2005 | transcript Verlag